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26. März 24

Nachhaltigkeitsstrategie: "Wollen oder müssen?"

Ausgelöst durch die aktuelle Diskussion rund um die ESG-Reporting-Verpflichtungen stellen sich viele Unternehmen die Frage: "Müssen wir ESG-konform berichten? Oder: Wollen wir nachhaltiger werden, weil wir darin Vorteile für unsere Zukunftsfähigkeit sehen und berichten auch darüber?“ Die Antwort auf diese Frage bestimmt maßgeblich den Beteiligungsgrad im Strategieprozess und den Umfang der Veränderung im Unternehmen.

Die Anforderungen der neuen EU-Richtlinie zur Unternehmensberichterstattung "Corporate Sustainability Reporting Directive" (CSRD) werden immer anspruchsvoller und betreffen immer mehr Unternehmen. Im Jahr 2026 sind allein in Deutschland bereits etwa 15.000 Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung über das Jahr 2025 verpflichtet. Darüber hinaus sind gestiegene Anforderungen zum Thema Nachhaltigkeit eines Unternehmens auch von Seiten der Kund*innen, der Eigentümer*innen, der Mitarbeitenden, durch den Wettbewerb und die finanzierenden Banken spürbar geworden. Umso vielfältiger sind daher die unterschiedlichen Konnotationen, mit denen das Thema auf die Agenda der Unternehmensführung gelangt. Uns beschäftigt folgende Frage: Welche Verhandlungs- und Entscheidungsprozesse löst die Nachhaltigkeitsdiskussion in Organisationen aus und wie wird diese dort strategisch bearbeitet?

Die Diskussion um Nachhaltigkeitsstrategien stellt Unternehmen vor die grundlegende Frage, welchen Wert sie dem Thema beimessen. Geht es ihnen lediglich um die Befolgung gesetzlicher Berichtspflichten oder um eine tiefere, vielleicht sogar transformatorisch ausgerichtete Perspektive und Motivation? Die Antwort auf diese Frage bildet den Ausgangspunkt für unsere Empfehlungen zum Vorgehen im Strategieprozess. Wir streben nicht nur die Formulierung von Strategien an, sondern vor allem ihre Verankerung in der Organisation.

Unternehmen, die unter die ESG-Berichtspflicht fallen, müssen sich in jedem Fall mit Nachhaltigkeitsfragen auseinandersetzen. Die Berichterstattung ist zu leisten, sie ist umfangreich und oft fehlen entsprechende Berichtssysteme. Sie beinhaltet Schritte wie die doppelte Wesentlichkeits-Analyse oder eine Gap-Analyse. Neu hinzugekommen ist neben den reinen Berichtspflichten nun auch die Entwicklung von "Science Based Targets", um z.B. die direkt und indirekt erzeugten Treibhausgas-Emissionen – umgerechnet in CO2-Äquivalente – mit wissenschaftlich fundierten Einsparzielen und abgeleiteten Maßnahmen zu reduzieren. Für berichtspflichtige Unternehmen ist es wesentlich zu entscheiden, ob "nur" die Berichtspflichten erfüllt werden sollen oder ob die vorzulegende und später auch umzusetzende Nachhaltigkeitsstrategie von Anfang an wesentliche Teile der Organisation in eine tiefergehende Veränderung bewegen soll. Der dafür notwendige Strategieprozess ist viel breiter aufzusetzen, bedarf einer gesamtheitlichen Auseinandersetzung auf Organisationsebene (sowohl vertikal als auch horizontal) und kann in eine Anpassung auf struktureller, strategischer und kultureller Ebene münden. Auch Unternehmen, die nicht unter die Berichtspflicht fallen, sollten sich die Frage stellen: Wollen wir "trotz fehlender Berichtspflichten" nachhaltiger werden?

Erschwert wird die Diskussion durch eine oftmals ausgeprägt normative Aufladung, d.h. es wird moralisiert und eine explizite Entscheidung für den denkbaren Weg der rein regulatorischen Compliance wird (auch bei vielen Stakeholder*innen) abgewertet. Dies birgt die Gefahr halbherziger Nachhaltigkeitsbekenntnisse und einer wenig engagierten Umsetzung, bis hin zu Risiken für die Glaubwürdigkeit und kann sogar zu Vorwürfen des Greenwashings führen. Gleichzeitig kann gerade eine sorgfältige systemische Analyse aller Stakeholder*innen-Interessen und Rahmenbedingungen (wirtschaftlich, ökologisch und gesellschaftlich) zu dem Ergebnis kommen, dass eine dediziert nachhaltige Unternehmensstrategie ein vernünftiger Ansatz sein kann, der sich auch ohne normativ-moralische Vorgaben gut aus den Unternehmensinteressen ableiten lässt. Wir plädieren also für vorausschauende Vernunft statt Moral in der strategischen Abwägung.

Die Überlegungen zur Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie sollten aus den oben genannten Gründen mit einer klaren generellen Positionierung des Managements und der Führungskräfte beginnen. Dazu gibt es schon im Vorfeld der Strategieerarbeitung eine Vielzahl von Fragen zumindest tendenziell zu beantworten: Wie stehen unsere Eigentümer*innen zum Thema Nachhaltigkeit? Wie entwickeln sich wahrscheinlich die Bedürfnisse und Erwartungen unserer Kunden*innen? Haben unsere Wettbewerber*innen schon jetzt Vorteile durch nachhaltig hergestellte Produkte? Was erwarten unsere jetzigen und zukünftigen Mitarbeiter*innen von uns als Arbeitgeber*innen? Was erwarten unsere Hausbanken schon heute von uns? Und schließlich: Was passiert, wenn nichts passiert? Erst wenn diese Fragen in einer Vorphase eindeutig beantwortet sind, sollte ein Strategieprozess zum Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen aufgesetzt werden. Die Entscheidung "wollen oder müssen" wird hier einen prozessual signifikanten Unterschied machen, um im Unternehmen ein langfristig tragfähiges Fundament für das Thema zu schaffen. Es gilt, abgeleitet vom Ziel der besseren Zukunftsfähigkeit des jeweiligen Unternehmens sowohl die Chancen als auch Risiken zu betrachten, die sich in der aktuellen Situation aus einer zurückhaltenden ("weil wir müssen") oder offensiven ("weil wir wollen") Nachhaltigkeitsstrategie ergeben.

Deshalb halten wir – bei allem Erwartungsdruck, der auf Unternehmen lastet, möglichst sofort und umfassend nachhaltig zu werden – als ersten Schritt einen in sich abgeschlossenen "Positionierungs-Workshop" für sinnvoll und erforderlich.

Wir sind überzeugt, dass auf dieser Basis eine unternehmensspezifische Entwicklung und Implementierung der Nachhaltigkeitsstrategie entsteht und damit mittelfristig für Unternehmen und Umwelt erfolgreicher verlaufen kann, als wenn man dieses Fundament nicht legen würde.

Für die langfristige Wirksamkeit entsteht im Wechselspiel mit der vorhandenen Unternehmensstrategie ein passgenauer Strategieprozess zu mehr Nachhaltigkeit – und im nächsten Schritt eine dazu passende Veränderungsarchitektur für die erfolgreiche Verankerung der selbst gesetzten Ziele.

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