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16. Februar 21

Schmerz lass nach

Es tut weh

Seit Mitte März 2020 steigen die Aktienkurse. Ein Grund ist die enorme Zunahme von Kleinaktionären, die über Depokonten wie Trade Republic oder smartbroker in den Aktienhandel einsteigen. Irgendetwas müssen diese Plattformen haben, denn ihr Kundenwachstum ist phänomenal. Sie bieten eigentlich nichts Besonderes, außer dass sie die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen und für den börslichen Handel die vorgeschriebenen 4 € pro Order verlangen. Es muss also einen Schmerz geben, der Kund*innen aus den traditionellen Orten des Aktienhandels vertreibt ...

Es gibt den Schmerz

Es tut weh, wenn neben Konto- und Depotgebühren zusätzliche Gebühren von durchschnittlich 0,5% für jeden Aktienhandel erhoben werden. Ich habe einen hohen 4-stelligen Betrag im letzten Jahr bezahlen müssen. Der Schmerz nimmt noch mehr zu, wenn den Wertpapierspezialisten die notwendige Beratungskompetenz fehlt. Bei Nachfragen geht dem Spezialisten schnell die Puste aus - von fachkundiger Beratung kann keine Rede sein.

Unerträglich wird der Schmerz, wenn man erfährt, dass Vorstände diese Defizite kennen und weiterhin am Organisations- und Geschäftsmodell aus dem letzten Jahrhundert festhalten. Wie wird die Story weitergehen?

Eine der größten Banken in Süddeutschland hat bereits begonnen, das Privatkundengeschäft zu restrukturieren und wird, wen wundert es, Mitarbeiter*innen entlassen. Andere Geldinstitute werden folgen. Schmerzen werden dann all diejenigen erleiden, denen gekündigt wird. Als Sündenbock wird vermutlich die Digitalisierung herhalten und nicht das strategische Versagen der Vorstände, rechtzeitig das Geschäftsmodell weiterentwickelt zu haben.

Ich habe viele Strategieprojekte unterstützt. Die größte Hürde für die strategische Zukunftsausrichtung ist die Vergangenheitsorientierung in den Köpfen der Entscheider*innen. "Pfadabhängigkeit" im Denken nennen wir das. Aktuell raten die beiden renommierten Vermögensberater Pirmin Hotz und Peter Seilern eindringlich davon ab, in Aktien von Banken zu investieren. Das kann doch nicht die Zukunft sein!

Denn es ist möglich, den Schritt in die Zukunft zu machen. Smartbroker macht es vor, die IT-Technik funktioniert einfach und ist zuverlässig. Einige Geldinstitute haben einen riesigen Kundenstamm. Was für ein Geschenk. Das Prozessmodell mit einem first-level support für die Kundenbetreuung und dem second-level- support für die komplexen Fachfragen existiert erfolgreich in der Industrie.

Die neuen digitalen Business Modelle hat Carsten Linz beschrieben. Interessierte Mitarbeiter*innen, die gerne die Peinlichkeit des Nichtwissens überwinden wollen, sind auch vorhanden. Und wenn mein dann Sohn sagen würde: "Die sind echt cool, diese altehrwürdigen Institute." - könnte mein Schmerz nachlassen. Ihrer auch?

Literatur:

  • Pirmin Hotz: Über die Gier, die Angst und den Herdentrieb der Anleger
  • Peter Seilern: Die besten Aktien der Welt
  • Carsten Linz: Radical Business Model Transformation

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