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06. Dezember 16

Learning Journey für die HR- und OE-Beratung

Learning Journeys sind in der osb international ein bewährtes Veranstaltungsformat, um eine Wirtschaftsregion oder eine bestimmte Themenstellung intensiv zu erkunden und "auf dem gemeinsamen Weg" zu reflektieren.

Sowohl für osb Beraterinnen und Berater selbst, als auch im Rahmen der "Next Step"-Beraterausbildung sowie in einigen Leadership Development-Programmen haben wir in den letzten Jahren verschiedene Learning Journeys konzipiert und begleitet.

Lernformate

Learning Journeys sind das relativ aufwändigste, aber auch am nachhaltigsten wirksame von drei Formaten, die wir als "Lernen unterwegs" in unseren Lernarchitekturen zum Einsatz bringen:

  • LernExkursionen sind als mehrstündige selbstgesteuerte "Ausflüge" in kleinen Gruppen innerhalb eines Seminars oder Workshops konzipiert. Die Aufgabe lautet, ein bestimmtes Thema in einem Quartier durch Feldbeobachtungen, Passanteninterviews, Fotostrecken oder Videos zu erkunden und die Ergebnisse und Reflexionen anschließend mit den anderen Exkursionsgruppen zu teilen.
  • LernExpeditionen sind eigenständige, eintägige Veranstaltungen, bei denen vorbereitete Expert(inn)en oder Institutionen besucht werden, um in kleinen Gruppen vor Ort strukturierte Gespräche führen und Beobachtungen anstellen zu können. Die Erkenntnisse werden für anschließende Präsentationen in der Gesamtgruppe aufbereitet, die dazu Resonanzen liefert und übergreifende Folgerungen herausarbeitet.
  • LernReisen erfordern deutlich mehr Aufwand: Als ein- oder zweiwöchige Gruppenreisen werden sie mehrstufig vorbereitet, sowohl hinsichtlich der Einstimmung der Mitreisenden als natürlich auch der Auswahl und des Briefings der zu besuchenden Institutionen und Expert(inn)en vor Ort. Die Programmgestaltung erfordert aufwändige Vorbereitungen, die zwischen sechs Monaten bei bereits bekannten Destinationen und einem Jahr bei neu zu erschließenden dauern können. Bei unseren LernReisen achten wir auf eine ausgewogene Mischung aus landeskundlichen Elementen, der Vermittlung einer Makroperspektive zur Geschichte, Politik und Wirtschaft, Besuchen und Gesprächen in Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Verbänden, sowie regelmäßigen und moderierten Reflexionsrunden in der Reisegruppe.

Alle drei Formate setzen auf die Neugier und den Forscherdrang der Teilnehmenden. Im Mittelpunkt stehen das Interesse an anderen Sichtweisen und Erfahrungen, die Bereitschaft, aus vordergründig "fremden" Welten Inspirationen zu gewinnen, die für das Handeln in der eigenen Organisation eine Bedeutung haben. Sie bieten einen "Explore"-Lernweg an, um neue Handlungsansätze und -strategien für ein großes Spektrum an Fragestellungen zu entdecken. Damit grenzen sie sich von den passiveren "Exploit"-Techniken herkömmlicher Seminarformen ab.

Lernpotenziale

Das besondere Potenzial von Learning Journeys erschließt sich aus dem speziellen Erkenntnisprozess, den die Reiseteilnehmerinnen und -teilnehmer individuell und als Gruppe durchlaufen. Die einzelnen Schritte folgen der Logik des Lernzyklus nach KOLB, umfassen jedoch auch gemeinsame Reflexionen zur Einstimmung und Fokussierung sowie zur Deutung und Sinnstiftung der Beobachtungen:

  • Eigenbezug reflektieren – die eigenen Sichtweisen und Fragestellungen schärfen: Eigenes Erkenntnisinteresse, Wissensbestände und "Bilder" zum Reise- bzw. Besuchsziel reflektieren sowie in der Reisegruppe austauschen und daraus gemeinsame Beobachtungsfragen entwickeln.
  • Informationen und Eindrücke aufnehmen – auch bisher schwer oder nicht Denkbares "wahr"nehmen: Bei Site Visits und Expertenbeiträgen ganzheitlich beobachten, aktiv zuhören, Informationen und Eindrücke notieren, Bezüge zu anderen Beobachtungen herstellen.
  • Hintergründe erkunden – möglichst viel verstehen und möglichst wenig bewerten: Im Gespräch mit den Gastgebern bzw. Interaktionspartnern Eindrücke zurückmelden und offenen Fragen nachgehen. Eine besonders wertvolle Erkenntnisquelle bilden dabei "Kultur-Mediatoren", das sind Personen mit reflektierten Erfahrungen in den Kulturkreisen des Gastgeberlandes und des Herkunftslandes der Lernreise-Gruppe. •
  • Hypothesen bilden und Erkenntnisse überprüfen – umfassende Verantwortung für das eigene Wissen als Gestalter persönlicher Erkenntnisse übernehmen: Eigene Eindrücke und Hypothesen in der Reisegruppe austauschen und abgleichen, weiterführende Beobachtungsfragen fokussieren, die eine Überprüfung und Differenzierung der Hypothesen ermöglichen.

Lernhaltungen

Um diese Lernschritte wirksam werden zu lassen, sind eine Reihe von Einstellungen auf Seiten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer förderlich: Zuallererst eine offene, forschende Haltung, sich fremden Sichtweisen und Praktiken mit möglichst wenig Vorannahmen anzunähern. Die dazu erforderliche Ambiguitätstoleranz läuft dem menschlichen Grundbedürfnis nach schneller Orientierung in ungewohnten Umgebungen zuwider, kann jedoch durch kleine Erkundungsübungen zu prototypischen Praktiken gefördert werden, die einen "ethnologischen" Blick erfordern, wie z.B. zur Funktion des Teetrinkens in türkischen Geschäftsbeziehungen. Zur Nutzung der Teilnehmergruppe als Resonanzboden für den eigenen Lernprozess ist das Interesse an der Mitteilung und dem Abgleich eigener Eindrücke und Erfahrungen in der Reisegruppe notwendig. Dies läuft zum Teil dem Bedürfnis nach Abgrenzung und individueller Erholung entgegen und sollte daher durch angenehme Rahmenbedingungen, zeitliche Begrenzung und anregende Fragestellungen der Gruppenreflexionen gefördert werden. Wichtig ist auch die Bereitschaft, aus vordergründig "fremden Welten“ Hinweise abzuleiten, die für das eigene professionelle Handeln eine Bedeutung haben. Die Gegentendenz, sich Bestätigung für eigenkulturelle Praktiken aus dem Kontrasterleben in einer anderen Umgebung abzuholen, kann relativiert werden, indem die funktionalen Hintergründe der eigen- und anderskulturellen Praktiken ergründet werden. Die dabei zutage tretenden Präferenzunterschiede, wie z.B. Einhaltung von Standards und Regeln (Universalismus) vs. flexibles Einstellen auf die Situation (Partikularismus) erleichtern die Erkenntnis, dass die unterschiedlichen Praktiken in einem gegenseitig bereichernden Spannungsverhältnis stehen und sich entsprechend (eigenkultur“kompatibel“) verändern lassen.

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