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28. März 23

Strategie und Kultur: Plädoyer für eine Ausweitung des Strategieverständnisses

"Culture eats strategy for breakfast" – dieses weithin bekannte (und fälschlicherweise dem Management-Denker Peter Drucker zugeschriebene) Zitat weist auf die enge Verbindung hin, die Strategie- und Kulturentwicklung auszeichnet. Wenn wir die Aussage Druckers ernst nehmen, ist der Schritt zu einer gleichzeitigen Bearbeitung von Unternehmensstrategie und -kultur nicht weit.

In Zeiten sich überlagernder Krisen auf vielen Ebenen der Gesellschaft ist die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der Organisationen und Institutionen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, so virulent wie selten zuvor. Wir sind als Beraterinnen und Berater aktuell dazu aufgefordert, schmerzhafte Re-Organisationsprozesse zu begleiten. Die Führungsebenen stehen unter immensem Druck, Kosten und Ressourcen zu sparen. Während an manchen Stellen ein Personalabbau unausweichlich geworden ist, wird an anderen Stellen – oft mit hohem Aufwand – Personal gesucht. Allen ist die Notwendigkeit einer Unternehmensstrategie zur nachhaltigen Priorisierung klar. Sie fokussiert in der Regel stark auf die inhaltliche Gestaltung von Geschäftsausrichtung, Märkten, Geschäftsmodellen, Kennzahlen, Businessplanung und Umsetzungsinitiativen zur Sicherung der wirtschaftlichen Zukunft.

Was irritiert: Uns begegnen Organisationen, die eine ausgefeilte, kommunizierte Strategie aufweisen können – und deren Mitarbeitende dennoch Orientierungslosigkeit beklagen. Nun könnte man meinen, hierbei handelt es sich um klassische "Schubladenstrategien", welche nie explizit in die Umsetzung kommen. In den meisten Fällen ist dies aber gar nicht das zentrale Problem. Vielmehr wird ein positiver Leitstern vermisst, es fehlt an einer Vision, an Purpose und an Werten, die diese in der Organisation beobachtbar, fühlbar und anfassbar machen. In Krisenzeiten ist zu wenig Investition in den Identitätskern, die "Core Identity" der Organisation, spürbar:

  • Welchen Unterschied machen wir in der Welt?
  • Wer wollen wir in Zukunft sein?
  • Was ist uns dabei wichtig und wie wollen wir handeln?

Diese Arbeit ist nicht einfach, sie benötigt einen gut aufgesetzten und ausbalancierten Prozess, der Strategie, Identitäts- und Kulturentwicklung von Beginn an miteinander kombiniert.

Kultur ist eine nicht-entscheidbare Entscheidungsprämisse (Luhmann). Sie zeigt und reproduziert sich im Alltagsverhalten von Führungskräften und Mitarbeitenden und das lässt sich eben nicht "top-down" entscheiden. Kulturentwicklung per Anordnung – und seien die Charts noch so schön gestaltet und getextet – ist nicht erfolgversprechend.

Will man die Core Identity einer Organisation bearbeiten, bekommt man es mit der Kultur der Organisation zu tun. Im Purpose einer Organisation spiegelt sich die unternehmerische Perspektive der Gründer*innen – oft auch noch lange nachdem diese nicht mehr aktiv sind. Eine gute Unternehmensvision ist nicht "wertfrei". Sie motiviert nur, wenn sie für alle Mitarbeitenden ein positiv bewertetes Ziel beschreibt. Die Werte einer Organisation beschreiben einen Sollzustand, eine fast immer auch in sich widersprüchliche Messlatte, die im Organisationsalltag, in den täglichen Entscheidungen angelegt werden soll – und an der man täglich scheitert. 

In den letzten Jahren wurde häufig darauf hingewiesen, dass wir in einer VUCA-Welt leben. VUCA steht für Volatile [unbeständig], Uncertain [unsicher], Complex [komplex], Ambiguous [mehrdeutig]. Die aktuelle Welt hat eine neue Beschreibung, häufig zusätzlich zu VUCA. Es ist eine BANI-Welt (Brittle [brüchig, porös], Anxious [ängstlich, besorgt], Non-linear [nicht linear] und Incomprehensible [unverständlich, unbegreiflich]).

In dieser Situation ist ein "Update" der Core Identity, die Möglichkeit, sie in der Organisation (wieder) neu zu erleben und zu spüren, eine Ressource. Wir empfehlen Ihnen daher auch in den aktuellen Zeiten höchster Unsicherheit und vielfältiger Krisen eine Befassung nicht nur mit Zahlen, Daten, Märkten und Geschäftsmodellen, sondern möchten Ihnen gleichermaßen eine Arbeit an der Core Identity Ihrer Organisation explizit ans Herz legen.

In dem von uns genutzten Zielbild mit Core Identity und Strategie sind die beiden Ebenen bereits verschränkt.

Ein rein strategisches Vorgehen in der Neuausrichtung des Unternehmens bietet hinsichtlich der zuletzt genannten Aspekte zu wenig Orientierung. Wir haben also der Strategie eine Kulturentwicklung an die Seite gestellt, welche die angestrebten Ziele mit einer Vision und einem Purpose auflädt, sowie klare Haltungen (auf der Ebene der Werte) hervorbringt, die den Organisationsalltag künftig prägen sollen.

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