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23. September 13

Zwei Schlaglichter auf die aktuelle Diskussion um die Strategie-Umsetzung

In seinem 2010 erschienen, praxisorientierten Buch  identifiziert Hans-Christian Riekhof »Die sechs Hebel der Strategieumsetzung«. (1)

Zwei Aspekte scheinen mir unter anderen besonders diskussionswürdig.

Erstens: An einigen Stellen mahnt Riekhof die Bedeutung der Kommunikation der Strategie im Unternehmen ein (z.B. Riekhof 2010, S. 6 f. oder 62 ff). Diese soll seinem Vorschlag nach vor allem durch Strategie-Steckbriefe erfolgen, die jeweils mit Bezug zur Gesamtstrategie von allen Bereichen und Einheiten ausgearbeitet werden. 
Die Zweckmäßigkeit solcher Strategie-Steckbriefe scheint mir unumstritten.  In einigen uns bekannten Unternehmen, in denen Strategiearbeit als dauerhafter Prozess verstanden wird, in den alle Unternehmensbereiche einbezogen sind, werden solche knapp gefassten, möglichst konkret formulierten Kurzfassungen der strategischen Ausrichtung verwendet. Die Überarbeitung und Aktualisierung derselben ist Gegenstand des jährlichen Strategie-Reviewprozesses.
Erstaunlich aber ist, dass auch bei Riekhof an keiner Stelle die Idee der Involvierung des Führungssystems bereits in die Entwicklung der Strategie auftaucht. Aus unserer Sicht erhöht sich die Umsetzungswahrscheinlichkeit einer Strategie in dem Maße, in dem möglichste weite Teile des Führungssystems bereits in die Strategieentwicklung einbezogen sind. Zweifellos bedarf ein breiter angelegter Strategieentwicklungsprozess einer aufwendigeren und intelligenten Architektur – so muss z.B. sehr klar sein, welche Entscheidungen wo getroffen werden und wozu der engere und die weiteren Führungskreise eingeladen sind (vom Mitentscheiden über das Generieren von Ideen, wo noch offene Fragen sind, bis hin zum kritischen Resonanz-Geben auf im Kern bereits entschiedene strategische Optionen). Aber schon unser Alltagsverständnis weist darauf hin, dass eine Person, die vorher gefragt wurde, auch mit Entscheidungen, welche diese Person anders getroffen hätte, besser leben kann, als wenn jemand vor vollendete Tatsachen gestellt wird.  An dem motivationalen Grundgefühl der Nicht-Einbezogenheit können auch die verständlichsten Erklärungen im Nachhinein nur wenig ändern. Wenn es um das Thema der Involvierung geht, kann als Königsdisziplin der Strategieentwicklung kann deren Anlage als gemeinschaftliche Führungsleistung angesehen werden (vgl. Wimmer/Nagel 2009, S. 29ff) (2).

Zweitens: Damit bekommt Riekhof in der Folge beim Kapitel »Strategiegerechte Managemententwicklung« (S. 97 ff.) auch nur in den Blick, dass die Management-Entwicklung an der Strategie ausgerichtet werden muss und auf einem Ansatz des »Business Driven Action Learning« beruhen sollte. So sehr wir dies unserem Verständnis nach unterstreichen wollen, bleibt die Entwicklung einer gemeinsamen Kompetenz der verantwortlichen Führungskräfte, Strategiearbeit zu leisten und eine diesbezügliche Kultur im Unternehmen auszuprägen ausgeblendet. 
Managemententwicklung für Strategiearbeit erzielt dort ihre größte Kraft, wo eine Strategieentwicklung, eine Strategieumsetzung oder bevorstehende Strategie-Reviews durch geeignete Qualifikationsmaßnahmen der involvierten Führungsebenen begleitet wird. In einem konkreten Beispiel, das man an anderer Stelle näher darstellen könnte, werden die Prozess-Schritte von der Analyse über die Optionsfindung und die Umsetzungsplanung jeweils durch Qualifizierungs-Module ergänzt, welche das gemeinsame Bearbeitungsniveau und die Kompetenz der gemeinsamen Diskussion und Entscheidungsfindung deutlich erhöhen. Es reicht nicht, kompetente Individuen zu haben (Riekhof verweist in diesem Zusammenhang auf J. Collins) – ein Unternehmen benötigt die Kompetenz der gemeinsamen Bearbeitung von anstehenden Überlebensfragen, um das volle Innovationspotential und strategische Potential der Führung zu heben. In solcherart direkt mit dem Case for Action verwobener Leadership-Development-Maßnahmen wird gleichzeitig die Lern- und Entwicklungsbereitschaft der Individuen erhöht, wie auch die Effektivität und Effizienz des Unternehmens-Vorhabens Strategieentwicklung und –umsetzung. In einem anderen Beispiel aus unserer Arbeit wurde ein Jahr an Qualifizierung vorinvestiert, um im Folgejahr eine groß angelegte Strategie-Überarbeitung vorzubereiten. Aber dazu mehr in einem anderen Blog-Beitrag.

Von wem und in welchen Formen wird in Ihrem Unternehmen Strategiearbeit geleistet?


(1)  Hans-Christian Riekhof, Die sechs Hebel der Strategieumsetzung. Plan – Ausführung - Erfolg, Schäffer-Poeschel, 2010.
(2)  Reinhart Nagel / Rudolf Wimmer, Systemische Strategieentwicklung. Modelle und Instrumente für Berater und Entscheider, Klett-Cotta 2009 (5. Aufl.).