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20. Mai 25

Skalieren – Mehr als nur Wachstum

"Das skaliert nicht!", "Wir müssen besser skalieren!", "Es geht um eine skalierbare Strategie!"

Haben Sie das oder ähnliches in den letzten Monaten auch schon gehört? Nach dem Abebben der Agilitätswelle ist "Skalieren" einer der aktuellen Modebegriffe im Management. Und, wie bei Agilität, bleibt die konkrete Bedeutung oft vage.  

In meiner Beobachtung ist nämlich abwechselnd – und leider völlig beliebig – Wachstum, Standardisierung, Zentralisierung oder Skalierung im ursprünglichen Sinn gemeint. 

Vom Maschinenpark zur App-Plattform 

Der Begriff "Skalieren" hat seine Wurzeln in der Ökonomie, genauer gesagt in den sogenannten Economies of Scale. Dabei geht es um Effizienzgewinne durch größere Produktionsmengen – je mehr produziert wird, desto günstiger wird die einzelne Einheit. Das kennt man von Fabriken, in denen sich Fixkosten auf viele Produkte verteilen lassen und die damit klassische Skalenerträge erzielen, also mehr Output bei geringeren Durchschnittskosten. 

Heute hat sich die Bedeutung verschoben: In der Tech- und Start-up-Welt geht es um skalierbare Geschäftsmodelle, bei denen das Unternehmen wächst, ohne dass die Kosten im gleichen Maße steigen. Eric Ries, Autor von The Lean Startup, bringt es auf den Punkt: 

"Skalierung bedeutet, dass ein Unternehmen mehr Kunden bedienen kann, ohne dass die Kosten im gleichen Maße steigen."

Das gelingt vor allem mit digitalen Produkten – Plattformen wie Airbnb, Spotify oder Dropbox können ihr Angebot rasch ausweiten, ohne proportional mehr Personal oder Infrastruktur zu benötigen. Skalierung bedeutet also nicht nur mehr – sondern mehr mit (fast) gleichem Aufwand. 

Dass der Begriff auch in anderen Disziplinen verwendet wird, macht die Verständigung nicht leichter: In der Statistik bedeutet Skalieren oft das Normieren von Daten. In Technik und Design geht es um Größenveränderungen bei gleichbleibenden Proportionen eines Modells oder einer Grafik. 

Skalieren ist mehr als Wachstum 

"Skalierbarkeit ist die Fähigkeit eines Systems, einer Organisation oder eines Prozesses, unter zunehmender Last effizient zu funktionieren", so definieren es Martin L. Abbott und Michael T. Fisher, Autoren von The Art of Scalability. 

Und hier kommt kluges Organisationsdesign ins Spiel. Der zentrale Hebel für Skalierungsfähigkeit sind gut durchdachte Prozesse und Steuerungsmechanismen. Ob es sich um Software, ein Unternehmen oder eine Lieferkette handelt – skalieren kann nur, wer seine Abläufe kennt, automatisiert und gezielt optimiert. Ich nenne das kurz (und natürlich etwas übertreibend) "mengenunabhängige Prozessgestaltung" – also Prozesse, deren Aufwand nicht direkt mit der Zahl der Kunden, Nutzer oder Mengen steigt. Aber auch alle anderen Elemente eines Organisationsdesigns sind entsprechend zu gestalten. Beispielsweise braucht es passende Steuerungsmechanismen für die steigende Anzahl von Entscheidungen oder Organisationsstrukturen, die einen schnellen Aufbau von Kapazitäten in Engpassfunktionen ermöglichen.   

Skalierung mit Augenmaß 

Wenn im konkreten Fall eine mengenunabhängige Organisationsgestaltung nicht möglich ist, klingt Skalieren zwar modern – verständlicher (und ehrlicher) wäre es aber, zu benennen, worum es wirklich geht: Wachstum, Standardisierung, Zentralisierung usw. 

Skalieren klingt nach einem Zauberwort für Erfolg – doch nicht jedes Geschäft(smodell) ist dafür gemacht. Wer skalieren will, braucht jedenfalls einen klaren Blick auf sein Organisationsdesign. Die Mindestanforderung: Prozesse müssen wiederholbar, automatisierbar und technologisch robust sein. Dann wird aus Wachstum echte Skalierung. 

Denn nicht alles, was wächst, skaliert gut. 

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