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07. Oktober 21

Remote Leadership war gestern, hybrides Führen ist heute

Das Thema "hybrides Arbeiten", beziehungsweise die Frage wie ein kluger Mix aus Homeoffice und Bürozeiten am besten zu gestalten ist, wird seit einem Jahr in vielen Studien, Beraterhäusern und HR-Abteilungen breit diskutiert sowie publiziert. Die Konzepte und Forschungsergebnisse für hybrides Zusammenarbeiten liegen auf dem Tisch und es gibt auch bereits vertiefte Erfahrungen. Mit jeder abebbenden Phase der Pandemie hoffte man, jetzt endlich wieder ganz nach Leistung, Team und Zukunftskulturaspekten entscheiden zu können, wie Homeoffice und Büro geregelt werden und nicht mehr nach coronabedingten epidemiologischen Schutzkriterien. Doch selbst wenn wir alle auch diesen Herbst nochmals unter Pandemie-Einschränkungen arbeiten müssen, ist es sinnvoll, sich als Führungskraft JETZT auf das Danach gut vorzubereiten und dem Team damit Orientierung sowie Ausblick zu geben. Hier ein paar erfolgreiche Strategien aus unseren Beratungsprojekten:

Den besten hybriden Mix zu gestalten und zu entwickeln ist die erste Aufgabe von hybridem Führen

Als ersten Schritt gilt es den besten Mix aus Homeoffice und Büropräsenzzeiten, sowie virtuellen Meetings und Präsenztreffen im Sinne der zukunftsfähigen Leistungsfähigkeit des eigenen Bereichs zu definieren und zu gestalten. In vielen Organisationen wurden bereits Homeoffice- oder Remote-Work-Policies entwickelt, die als Rahmen bzw. Guideline dienen. Die Bandbreite reicht von fix definierten Tagen, in denen ALLE im Büro sind, bis hin zu Modellen, in denen die Teams und Führungskräfte entscheiden was Sinn macht.

Sie haben so viel virtuell gearbeitet - werten Sie Ihre Erfahrungen ehrlich aus

Um die Mühen dieser anspruchsvollen Pandemiezeit tatsächlich in konkrete Learnings und Potentiale für die hybride Arbeitswelt umzulegen, brauchte es profunde und ehrliche Auswertungen im Unternehmen. Der Wunsch nach "endlich einfach Normalität" steht diesem Rückblick oft entgegen. Folgende Fragen könnten leiten: Wie gestalte ich meine Führungsrolle in Präsenz - wie virtuell am besten? Welche Wirksamkeit habe ich selbst "durch den Bildschirm"? Wie und wodurch haben Performance, Zusammenhalt und Vernetzung funktioniert? Wie könnten wir dies sichern und weiterpflegen? Was wurde zu wenig beachtet und braucht nun verstärkte Aufmerksamkeit sowie Entwicklung? Wo müssten wir noch besser werden (z.B. virtuelle Meetings, Transparenz der Verfügbarkeiten etc.)?
Dies betrachtet man am besten nicht nur mit und im eigenen Verantwortungsbereich, sondern auch bezogen auf relevante Schnittstellen und im Führungsteam gemeinsam.

Sortieren Sie die hybride Welt und nutzen Sie aktuelle Forschung

Dazu ist es hilfreich, explizite Landkarten zur Verfügung zu haben und die aktuelle Forschung zu kennen. Um den besten Mix zu ermitteln, helfen unserer Erfahrung nach folgende Sortierungen:

1. Unterscheiden was mit "hybrid" gemeint ist

Der Begriff "Hybrid" wird oft in zwei unterschiedlichen Zusammenhängen genutzt, die für Führung in der Entscheidung Homeoffice oder Büro auseinandergehalten werden müssen (siehe Abbildung unten)

  • "Asynchrones Arbeiten": der/die Mitarbeiter*in arbeitet für sich zu Hause oder im Büro
  • "Synchrone Zusammenarbeit": hier gilt es zu entscheiden, ob virtuelle Meetings, face2face Meetings oder hybride Meetings (ein Teil der Teilnehmer*innen ist online, der andere onsite - vor Ort) zieldienlicher sind.
  • Hybride Meetings stellen besondere Anforderungen an die Meetingmoderation, die gut geübt und vorbereitet werden muss.

2. Meetings virtuell oder in Präsenz - Welche Situation, welches Thema eignet sich wofür?

Führungskräfte können klarer zwischen virtuellen oder Präsenz Meetings entscheiden, wenn sie über profundes Wissen verfügen, in welchen Situationen welcher Modus besser passt. So kann die soziale Situation im Team / in der Zusammenarbeit betrachtet werden: entweder ist das Team vertraut sowie belastbar und kann Konflikte gut austragen oder es gibt neue Teammitglieder, wenig sozialen "Kitt" oder tiefliegende Konflikte. Letzteres spräche für ein face2face Meeting. Ein anderes Entscheidungskriterium ist der Themeninhalt: So z.B. sind virtuelle Meetings das Mittel der Wahl, wenn das Thema einen klaren inhaltlichen Schwerpunkt hat, vom Umfang gut umrissen und gut strukturierbar ist und es bereits eine gemeinsame "Sprache" dazu gibt. Ist das Thema hingegen sehr komplex, unklar, voller Zielkonflikte oder es ist mit erhöhtem Widerstand zu rechnen, dann braucht es face2face-Treffen.

3. Werden / wurden alle Vorteile jedes Modus ausreichend genutzt?

Als Vorteile für virtuelles Arbeiten sind bekannt: Keine Reisezeiten und -kosten, das niederschwellige Einbinden von peripheren Personen oder wichtigen Stakeholdern. Doch virtuelles Arbeiten, gekonnt moderiert, ermöglicht auch durch mehrfaches Wiederholen in kleineren Portionen eine höhere Nachhaltigkeit und Themendurchdringung. Dieser Vorteil wird selten ausreichend genutzt.

Wichtig ist es, sich der spezifischen Vorteile von Präsenzzeiten im Büro bewusst zu sein und die Stärken der direkten Kommunikation gezielt einzusetzen. Sind Mitarbeiter*innen im Büro vor Ort, dann sollte Zeit, Rahmen und Raum sein für Meetings in denen gemeinsame Landkarten und Zielsetzungen erarbeitet werden, Konfliktlösungen gefunden werden oder hart, aber herzlich Richtungsentscheidungen verhandelt werden. Ebenso sollte Zeit für kreative Lösungen durch "Tür und Angel" Gespräche oder für die Stärkung des Zusammenhalts und Networking sein. Es ist bekannt, dass zum Beispiel beim gemeinsamen Arbeiten an einer wichtigen Sache schon alleine durch die Beobachtung der anderen die Motivation gestärkt werden kann. Auch hier gilt es, die Kraft von Präsenz zu nutzen. Und letztlich sollte in Präsenzzeiten die Integration von neuen Mitarbeiter*innen forciert werden, indem die Unternehmenskultur erlebbar gemacht wird und neue Beziehungen aufgebaut werden. Dies alles gelingt nicht, wenn die Mitarbeiter*innen zwar im Büro sind, aber in ihren Büros sitzen und Meetings für rein fachliche Themen "verschwendet" werden.

Die wenigsten Unternehmen verfügen über geeignete Räumlichkeiten, die diesen sozialen und emotionalen Anforderungen gerecht werden. Daher müssen oft erst adäquate Raumkonzepte entwickelt werden. Führung muss sich des dafür notwendigen zusätzlichen Change bewusst sein. Denn der Argwohn, dass es sich bei den neuen Raumkonzepten um reine Kosteneinsparungsprogramme handeln könnte sowie die Sorge um den eigenen geliebten Büroarbeitsplatz, brauchen ein achtsames Gestalten.

Denken Sie Ihren hybriden Mix von der Zukunft her

Die Zukunftsfähigkeit des eigenen Teams, der Blick auf die Strategie der nächsten Jahre und die Beschreibung "Wo wollen wir als Team in zwei Jahren stehen" sind der essenzielle Angelpunkt, um den besten Mix festzulegen. Dieser Angelpunkt hat eine Maßnahmenseite und eine Orientierungs- sowie Leitsternseite. Führungskräfte, die hier eigene Klarheit erarbeitet haben, können ihren Mitarbeiter*innen gut nachvollziehbar vermitteln, wozu zum Beispiel spezielle Präsenzzeiten notwendig sind, warum diese oder jene Arbeiten und Meetings virtuell bleiben, wozu das neue Raumkonzept dient und warum all das auf die eigene Zukunft einzahlt.

Dieses "Hybrid-Work-Konzept" wird dann meist mit dem Team besprochen und oft auch partizipativ überarbeitet. Hier ist es wichtig, die gemeinsame zukunftsfähige hybride Leistungsperspektive und die jeweiligen Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen (Reisezeiten, Kinderbetreuung, etc.) zu trennen und diese in einem extra Schritt umsichtig als neuen Arbeitskontrakt zu verhandeln.

Besonders erfolgreich waren Unternehmenseinheiten, wenn sie den besten "Hybrid-Work Mix" auch mit den relevanten Schnittstellen diskutierten, damit auch diese zu ähnlichen Zeiten im Büro sind, beziehungsweise um technische Lösungen für die Information zu erarbeiten, wer gerade wo arbeitet und wer gerade verfügbar ist.

Sehr hilfreich sind auch klar vereinbarte Probephasen mit vielen Feedbackschleifen. "Wir testen diesen Hybrid-Mix zwei bis drei Monate und werten ihn dann im Team sowie mit den Schnittstellen aus und steuern nach".

Hybride Führung ist im ersten Schritt gefordert, den besten "Hybrid-Work-Mix" zu erarbeiten und zu verhandeln. In einem weiteren Schritt geht es darum, die Veränderung dorthin zu gestalten, sich und das Team weiterzuentwickeln und die notwendigen Kompetenzen aufzubauen (z.B. im virtuellen Arbeiten oder um hochanspruchsvolle und hybride Meetings gut moderieren zu können). In Zukunft wird diese hybride Dimension auch in weiteren Organisationsstellhebeln zu gestalten sein: in den Strukturen, Prozessen, Leistungsanreizen etc.

Den hybriden Work-Mix, das hybrid arbeitende Team und die neue hybride Organisation zu beobachten und zu reflektieren und immer weiter zu verbessern, das ist der neue Aspekt den Führung gestalten muss. Schritt für Schritt.

Literatur:

Altebarmakian, M., & Alterman, R. (2019). Cohesion in online environments. International Journal of Computer-Supported Collaborative Learning, 14(4), 443-465.

Driskell, J. E., Radtke, P. H., & Salas, E. (2003). Virtual teams: Effects of technological mediation on team performance. Group Dynamics: Theory, Research, and Practice, 7(4), 297.

Matthiesen, K., Spengler, J. (2020). Verständigung mit Nicht-Anwesenden. Was leisten digitale Formate? Organisationsentwicklung, 2, 31-35.

Zepke, G., & Walenta, C. (2016). Social Competence-Affektdynamiken und Lernprozesse in einem virtuellen Organisationslabor.

Links zu aktuellen Studien - Artikeln

Shift Collective • Hybrid Work Studie

Whitepaper: 6 Thesen zur Arbeitswelt nach Corona - der Blick nach vorne - M.O.O.CON | Die Strategieberater (moo-con.com)

http://publica.fraunhofer.de/dokumente/N-593445.html

Walter Dietl, Janina Reitschmied, Alexander Schmidt: Virtual Business Breakfast - Organisationsfitness für Virtualität

Udo Kronshage u.a.: Das "New Normal" in der Zusammenarbeit

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