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29. April 14

Radikales Management - Hype oder Revolution?

"It’s the next Big Thing! (Or is it?)" Julian Birkinshaw, HBR May 2014

„Was, um Himmels willen...“ fragt Steve Denning in seinem Forbes-Blog, „ist im Management los?“ Die Maximierung des Shareholder Value stellt heute keine überzeugende Idee mehr dar, die Suche nach nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen gehört der Vergangenheit an, die Ausrichtung des Unternehmens entlang der Wertschöpfungskette ist ein Problem und keine Lösung...

Die aufgelisteten Beobachtungen laufen darauf hinaus, dass diejenigen Unternehmen, die heute noch nach traditionellen Managementprinzipien arbeiten, den radikalen Wandel verschlafen haben, der inzwischen alle Branchen erfasst hat. Die Rede ist hier von disruptiven technologischen Entwicklungen, die Produkte und ganze Märkte über Nacht entstehen und vergehen lassen.

In den letzten zwei bis drei Jahren hat sich eine Reihe von renommierten Autoren zu den aktuellen Entwicklungen im Management zu Wort gemeldet (vgl. den Beitrag von Tania Lieckweg zu Transient Advantage/Rita McGrath oder den Blog-Beitrag zu der Lean Startup Conference von Eric Ries). Was die in diesem Umfeld entstandenen Bücher und Artikel verbindet, ist die Anerkennung eines Paradigmenwechsels in Fragen der Unternehmensführung. Die zahlreichen Autoren (neben Ries und McGrath sind das z.B. Dave Gray, Alan Brown und Bill Fischer) beschreiben nicht einzelne Tools und Praktiken, sie stellen keine neuen Management-Ideen oder –Prozesse vor. Vielmehr geht es hier darum anzuerkennen, dass es sich eben nicht um singuläre Entwicklungen und Ideen handelt. Unternehmensausrichtung und -ziele insgesamt, Führungsprinzipien und –praktiken, die Werte und Haltungen des Managements zusammengenommen mit den technologischen Entwicklungen und aktuellen Marktbewegungen formen einen neuen in sich konsistenten Rahmen für das organisationale Handeln.

Viele dieser Prinzipien sind uns schlagwortartig bereits seit Längerem bekannt. Denken wir nur an Kundenzentrierung, horizontale Kommunikation, Agilität, Teams, Netzwerkförmigkeit, Lean Management und so weiter. Doch bislang sind diese Prinzipien als vereinzelte Trends und Entwicklungen gesehen worden – und nicht in einem größeren Gesamtzusammenhang. Stellt man diesen her, ist die Rede nicht mehr von einzelnen Entwicklungen sondern von einer neuen Bewegung: Radikales Management. Was er darunter versteht, erläutert Dennings in diesem Video.

Zeit, einen Schritt zurückzutreten. In der aktuellen Ausgabe von HBR warnt der renommierte Strategieautor Julian Birkinshaw vor den Gefahren, die darin liegen, wenn Firmen zu schnell auf den nächsten Zug, die nächste große Welle im Management aufspringen. „Any radical management innovation is quick to attract the attention of jounalists, academics, and consultants.“ Die Welt ist voll von innovativen Ideen rund um das Thema Unternehmensführung – die Aufmerksamkeit, die ihnen seitens der Medien gewidmet wird, birgt Gefahren: schneller Hype, Enttäuschung und vor allem ein baldiges Nachlassen der Überzeugungskraft der neuen Idee. Etwa 90 von 100 breit platzierten Managementideen büßen binnen einer Dekade ihr Glaubwürdikeit und Überzeugungskraft ein. Die schnelle Ausrichtung an jeweils neuen Managementprinzipien treibt Organisationen in die Erschöpfung.

Die Frage, die gestellt werden muss, so Birkinshaw, ist die ernsthafte Frage danach, welche Idee zum Unternehmen passt – und wie sie adaptiert werden muss, um für das jeweilige Unternehmen sinnvoll anwendbar zu werden.

Was denken Sie? Ist etwas dran an der Radical Management Bewegung? Sind wir Zeugen einer Revolution? Oder handelt es sich einmal mehr um einen Hype, der bald in Vergessenheit geraten und durch die nächste Bewegung ersetzt wird?

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