13. Juli 21
Ein virtueller Leitbildprozess
»Von mir aus könnte es noch viel länger weitergehen!«
Warum ich gerade diesen Fall hier vorstelle
Weil er virtuell, flott und dynamisch, co-kreativ und von vielen gemeinsam getragen wurde, weil mit kleinen Interventionen einiges angestoßen wurde, weil mit geringem Ressourceneinsatz Neues ermöglicht wurde.
Der Kunde
Ein führender österreichischer Radiosender bat mich, bei diesem Prozess zu unterstützen. Ich wurde ausgewählt, weil ich das Unternehmen und die Branche gut kenne, weil ich mich in ihrem Umfeld in Changeprozessen bereits als wirksam bewährt habe und in diesem Fall speziell, weil ich aufgrund von Vorprojekten das Vertrauen genossen hatte, diesen Prozess virtuell erfolgreich gestalten zu können.
Die Anforderungen waren - sehr kurz gefasst - etwa wie folgt definiert
Das Umfeld verändert sich sehr dynamisch, zusätzlich stehen innerhalb der Organisation Veränderungen an. Es gilt den Bereich dafür zu stärken. Es brauchte Vergewisserung was uns miteinander verbindet, über welchen Rahmen man sich einig ist, worüber es aber auch zu "verhandeln" gilt, wofür man heute steht und was man in Zukunft sein und in die Welt bringen will. Es sollte ausreichend Orientierung geschaffen und gleichzeitig jene Vielfalt ermöglicht werden, die eine kreative Organisation benötigt. Und so die weitere Anforderung: Mit ausreichend Tiefgang, keine Kosmetik; aber zeit- und kostensparend.
Zwei Monate später - Prozess erfolgreich abgeschlossen - Dialogkultur angestoßen
Die virtuelle Form ermöglicht kürzere Meetings in enger Taktung in unterschiedlichster Zusammensetzung. Menschen können ohne großen Aufwand zur gleichen Zeit "am selben Ort" miteinander in Kontakt treten. Die Variation von kleinen Teams und großen Gruppen, von extern moderierten Formen bis hin zu selbstgesteuerten Fokusgruppen ermöglicht es den hohen Energielevel und Spannungsbogen gut zu halten sowie das Andocken vieler.
Die Bausteine
Eine Kerngruppe aus Führungskräften und Schlüsselspielern hat den Prozess dynamisch gesteuert. Diese Gruppe war Prozesssteuerung, Multiplikator in der aktiven Umsetzung der Dialogforen, Perspektivenvertreter, Rüttelstrecke, Zuspitzer, ... u.a.m.
Zu Beginn stand das gemeinsame Verständnis des Prozesses, die Klärung dessen was ein Leitbildprozess ist und was er nicht ist. Hier sind vor allem die Abgrenzung zwischen einem Strategie- und einem Leitbildprozess und die damit verbundenen Erwartungen zu diskutieren.
Das zweite zentrale Element des Prozesses - Großgruppenworkshops - in denen die Diversität der Mitarbeiter*innenperspektiven in einen breiten Dialog mündete. Im Workshop wurden die drei Kernfragen eines Leitbildes
- "Wer wollen wir sein?" (Vision)
- "Was ist unsere Aufgabe?" (Mission) und
- "Wie wollen wir agieren, was ist uns wichtig?" (Werte)
in breakouts diskutiert, aus möglichst vielen Perspektiven betrachtet und in Delegiertenrunden im großen digitalen Plenumsraum zusammengetragen.
Das dritte Kernelement - Dialogforen - war durch die Vertreter der Kerngruppe über mehrere Wochen selbstorganisiert und selbst gesteuert. Bereichsübergreifende, alle Fachlichkeiten einbindende, jeweils zu zweit moderierte Fokusgruppen fanden großen Zulauf. Auf die Perspektive der jungen Mitarbeiter*innen wurde durch eine Spezialfokusgruppe der Jungen noch einmal besonderes Augenmerk gelegt.
In dieser kurz skizzierten Gesamtgestalt (siehe dazu auch das Prozessbild) ist hier in nur knapp zwei Monaten einiges in Bewegung gekommen.
»Ich habe mit so vielen Menschen hier gesprochen, mit denen ich noch nie gesprochen habe, Menschen von denen ich teilweise nicht mal wusste, dass sie zu uns gehören!«
Das Ergebnis
Ein Leitbild, welches die Vielfalt der Belegschaft unterstützt und gleichzeitig den Common Ground hervorhebt. Ein Leitbild, das Orientierung gibt, ohne zu sehr zu beschränken. Es gibt nun eine geteilte Sicht auf die zentralen Herausforderungen der Organisation. Aus dem heraus ist eine Landkarte der Handlungsfelder entstanden und ein dazu notwendiger Katalog von Maßnahmen.
Es herrscht eine hohe Zufriedenheit über den intensiven Austausch, der stattgefunden hat, das Zuhören, das Verstehen, das Anerkennen von Sichtweisen. Die gemeinsame Identität ist gestärkt und die Freude in Kooperation zu gehen, gewachsen.
"Danke, dass sie uns das ermöglicht haben.«
Was es nun bedarf
Weiterführung des Dialogs. Orientierung gibt nicht allein das niedergeschriebene Leitbild, als vielmehr die geführten Gespräche und die Auseinandersetzung, die stattgefunden hat. Zentral ist außerdem die Umsetzung der definierten Maßnahmen. Daran wird die Glaubwürdigkeit der treibenden Kräfte gemessen werden.
Schlüsselfaktoren der Entwicklung
- Gelungene Anpassung des Prozesses an die Virtualität
- Klärung der oft unterschiedlichen Erwartungen an ein Ziel-/Leitbild
- Konstruktive Aushandlung möglicher Konflikte in Bezug auf die Leitwerte
- Herausarbeiten des Leitbildes in einem iterativen Diskussionsprozess mit unterschiedlichen Ebenen und Gruppen
- Deutliche Einbeziehung der Führungskräfte, um deren Schlüsselrolle zu betonen
- Andocken der Werte an die realen Geschäftsthemen und die strategischen Herausforderungen, sonst bleiben sie nur "talk"
- Sicherstellung der "Bodenhaftung" durch eine frühe Ankoppelung an die Umsetzung sowie leitbildunterstützende Maßnahmenpakete
- Der tatsächliche Erfolg bemisst sich an der Umsetzung in den nächsten Wochen und Monaten!