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30. Oktober 18

Die Veränderung kommt vom Markt her ... ein Beispiel aus der Finanzdienstleistungsbranche

Ein innovativer Finanzdienstleistungskonzern initiiert eine Unterstützung für die Vertriebsführungskräfte in den Filialen, um den Mix aus digitalen Produkten und analogem Filialgeschäft noch wirksamer zu nutzen. Die Führungskräfte sollen die digitalen Themen stärker führen und voranbringen und gleichzeitig eine konkrete Unterstützung in diesen zumutungsreichen digitalen Zeiten bekommen. Dieser Leadership-Development Impuls ist Teil eines größeren Programmes zur Förderung der digitalen Kompetenzen und wird von der vertriebsunterstützenden Einheit geführt.

Das Spannungsfeld zwischen Exploit-Modus und Explore-Logik konstruktiv gestalten

Wir starteten mit den Abteilungsleiterinnen und -leitern und deren Führungsherausforderungen. Der Hauptbrennpunkt war rasch am Tisch: Die Vertriebseinheiten werden sehr eng gesteuert und monitort. Die Führungskräfte beschreiben sich als "gläsern", jeder "Vertriebs-Fehler" wird geahndet. Sie werden im klassischen "Core" oder "Exploit-Modus" gesteuert. Gleichzeitig kommen aus der Innovationsabteilung immer wieder neue und manchmal unperfekte digitale Produkte, die in der Filiale beim Kunden verkauft und nachbearbeitet werden müssen. Das kostet Zeit, die nicht als produktiv bewertet und honoriert wird.
Diese Zumutungen werden im Workshop als Resultat eines aktuell überlebensnotwendigen Spannungsfeldes sichtbar: dem gleichzeitig effizienten Gestalten des aktuellen Geschäfts (Exploit-Modus) und dem Innovieren neuer Produkte (Explore-Logik). Es wurde klar, dass es darum geht, dieses Spannungsfeld geschäftsdienlich und konstruktiv zu gestalten, um am Markt vorne weg zu sein. Es wurde auch sichtbar, dass eine Kultur des Abwartens und Abwertens die Vertriebsorganisation zu langsam und für junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unattraktiv macht.

"Sinn stiften und Orientierung geben" sind die relevanten Stellhebel von Führung

Als zweite zentrale Herausforderung wurde das Führen von jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (meist) "digital natives" der Generationen Y und Z genannt sowie das Herstellen eines guten Zusammenspiels mit den älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ein Motivieren für die neuen digitalen Produkte und Techniken. Einerseits half hier die Auseinandersetzung mit den emotionalen Phänomenen der Digitalen Transformation, um die Reaktionsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verbessern. Andererseits erwiesen sich "Sinn stiften und Orientierung geben" als ein relevanter Stellhebel. Voraussetzung dafür war natürlich, als Abteilungsleiterin und Abteilungsleiter das Big Picture selbst zu verstehen, selbst orientiert zu sein und eine persönliche sinnstiftende Storyline zu haben.

Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass die Relevanz der Filialführungskräfte gestärkt werden müsste: Diese agieren mit ihren Markteinheiten unmittelbar beim Kunden und können dessen Bedürfnisse und Reaktionen am besten screenen. In einer Geschäftswelt der radikalen Customer centricity ist dies überlebenswichtig, sowohl für das Gestalten eines zukunftsfähigen Filialgeschäfts, als auch um die Wirkung einzelner digitaler Produkte zu überprüfen.

Die Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter erarbeiteten sich aus all diesen Facetten einen Führungs-Monitor, um miteinander diese Herausforderungen produktiver zu gestalten. Sie vereinbarten, miteinander zu beobachten:

Zwei Workshop-Formate: abteilungsintern und offen

Im nächsten Schritt ging es um die Frage, in welcher Form und mit welchen Themen die nächste Ebene der 100 Filialleiterinnen und -leiter unterstützt werden sollte. Dabei entschieden wir, dieses (im Sinne des Ausprobierens) in 2 unterschiedlichen Formaten zu tun: Manche Abteilungsleiterinnen und -leiter wollten den Developmentworkshop gemeinsam mit dem eigenen Führungsteam abhalten, also innerhalb der eigenen Abteilung, andere bevorzugten offene Workshops zur wechselseitigen Inspiration und Vernetzung der Filialleiterinnen und -leiter untereinander.

In den Workshops mit den Führungskräften auf Filialebene wurden ebenso die aktuellen Führungs-Problemlagen adressiert und die gemeinsamen Tools und Modelle zum Führen in digitalen Zeiten genutzt, um Handlungsoptionen für den eigenen Führungsalltag zu erarbeiten.

Die Workshops in Markteinheiten erwiesen sich wirksamer als die offenen Workshops.

Ein weiterer zentraler Erfolgsfaktor war die sehr kundenorientierte und umsetzungsstarke Vertriebsunterstützung. Sie war in jedem Workshop dabei, hörte sich die "Baustellen" an, suchte Lösungen, informierte das obere Management über relevante Themen und initiierte eine Reihe von konkreten Maßnahmen. Das Update, das in jedem Workshop stattfand, änderte sich daher von Mal zu Mal mit den neuen Maßnahmen und Umsetzungsschritten. Dazu gehörte z.B. die Überarbeitung des Führungsanforderungsprofils, um die aktuell notwendige, erhöhte Führungsleistung und die Zuarbeit zu den Innovationsabteilungen abbilden zu können. In der Folge soll nun auch das Bonussystem diesbezüglich reformiert werden. Auch ein besseres Feedback-System für einen rascheren Informationsfluss zwischen Markt und Betrieb wurde initiiert.

Es geht weiter: Ausweitung der digitalen Agenda auf die gesamte Organisation

Diese konkreten Maßnahmen und der Monitor beeindruckten den Rest der Organisation: andere Bereiche klinkten sich ein und letztlich entschied sich der gesamte Rest der Organisation, mit einer ähnlichen und miteinander konzertierten Vorgangsweise Führung zu stärken, damit diese die digitale Agenda der Organisation aktiv vorantreibt. Diese Stärkung soll wieder auf drei Ebenen erfolgen, mit dem Ziel:

  • den einzelnen Abteilungen die Erarbeitung einer digitalen Roadmap zu ermöglichen
  • die einzelne Führungskraft zu befähigen, die Digitale Transformation aktiv voranzubringen
  • das gesamte Führungssystem durch eine gemeinsame Führungsmodellsprache rascher miteinander handlungsfähig und responsiv zu machen

Wir als osb-i sind in dieser Gesamtbegleitung und Konzertierungsleistung mit Verve dabei, da es dem Kern unserer Führungssystementwicklung entspricht, ausgehend vom konkreten Business und Changebedarf her, Führung in Führung zu bringen.

Das Kuriose dabei? Die Vertriebseinheit selbst nutzt den "vorbildhaften" Monitor kaum mehr und ist schon wieder beim nächsten Markt-Thema. So tickt Vertrieb. Das nächste gemeinsam zu ziehende Führungsthema ist aber sicher bald wieder auf der Agenda.

Das Spannende dabei? Der gelungene Veränderungsimpuls kam vom Markt her - von der Seite vom Kundenkontakt - und nicht von oben.

So kann Zukunft in digitalen Zeiten gelingen.

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