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30. Oktober 18

Blick in den Maschinenraum der Digitalen Transformation

Wenn es um die Digitale Transformation in Organisationen geht, können wir oftmals zwei Geschwindigkeiten feststellen. Die Einheiten, die sich stark nach außen, am Markt, am internationalen Wettbewerb orientieren - einfach weil es überlebenswichtig für die Organisation ist - sind schnell dabei, Neues zu adaptieren und auszuprobieren. Im Sinne der drei Phasen der Digitalen Transformation Initialisierung - Bearbeitung - Transformation sind sie ganz schnell in der Phase drei.

Ganz anders sieht es in den internen, zuliefernden Abteilungen aus, sind diese doch eher auf Stabilität, Fehlervermeidung und langfristige Planbarkeit ausgerichtet. Es findet dort, nach meiner Beobachtung, weder eine zielführende Unterstützung statt, noch eine eigene Erkundung der Möglichkeiten der Digitalen Transformation.

Dazu die Beobachtung aus einem internationalen Forschungsinstitut, wie ich sie in ähnlicher Form vielfach in ganz unterschiedlichen Organisationen mache:

Die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter experimentieren begeistert mit den Möglichkeiten neuer digitaler Technologien. Als Produktidee nimmt Schritt für Schritt ein neues Serviceangebot für eine Vielzahl unterschiedlicher Kunden aus der Wissenschaft Gestalt an, die sich mithilfe einer App oder einer Software beliebig skalieren und verteilen ließe.

So weit, so gut. Die Institutsleitung ist begeistert, stellt Budget zur Verfügung und bittet um einen ersten Prototypen. Jetzt kann es losgehen. Der Faktor Zeit spielt bei neuen Produktideen immer eine kritische Rolle, möchte man doch nicht von anderen überholt werden. Die Mitarbeiter agieren schnell. Es werden Entwickler aus Asien unter Vertrag genommen, günstige Server im Ausland gehostet, Zugänge auf Open Data Quellen gelegt, interne Daten aufgearbeitet und interne Projektmanager beauftragt.

Spielverderber aus der IT vs. wissenschaftliche Free-Styler

Die Euphorie wird jäh gestoppt durch einen Anruf aus der IT. So wie man sich das vorstelle ginge das nicht. Ein Katalog technischer Fragen, sicherheitsrelevanter Bedenken und juristischer No-Go's im Zusammenhang mit der DS-GVO trifft auf das ratlose Team. Die "Spielverderber" und "Nein-Sager" aus der IT wollen sich der Innovation entgegenstellen und spielen einfach nicht mit, so die Einschätzung der Mitarbeiter. Die "Chaoten aus der Wissenschaft" glauben, sie müssten sich an keine Regel halten, so die Chefin der IT.

Wie ist es dazu gekommen?

  • Der Kostendruck auf interne IT Abteilungen ist seit Jahren oftmals konstant hoch. Das hat dazu geführt, dass sich die IT nahezu ausschließlich auf einen effizienten IT-Betrieb konzentriert. Die Unterstützung von Innovation und Exploration im Sinne einer "Beidhändigkeit" der Organisation bleiben da ebenso ausgeklammert wie die Investition in Ausbildung oder das Evaluieren neuer technischer Möglichkeiten. Im Alltag geht es dann ausschließlich um störungsfreie und kosteneffiziente zur Verfügung Stellung von Standardleistungen. Ins Sichtfeld kommt die IT mit enggeschnittenen Standards, altbackener Technologie und den nervigen Sicherheitsanforderungen, die andere beim Arbeiten stören.
  • Als Ergebnis des ersten Punktes haftet der IT meist ein sehr schlechtes Image an. Es sind die Verhinderer des Neuen, die Protagonisten von Technologien, die schon im privaten Umfeld besser und schneller laufen und letztlich die, die man tunlichst nicht anspricht wenn es um schnelle, innovative und radikale neue IT-Lösungen geht. In Folge dessen entstehen technische Parallelstrukturen in den businessnahen Abteilungen, die tendenziell unbeherrschbar und reich an Risiken sind. Schnell hochgezogene IT Infrastrukturen von Start-ups bedürfen nicht der ausgefeilten Sorgfalt von Konzern IT-Abteilungen, da das Risiko für letztere exponentiell größer ist.

Was kann die R&D Abteilung nun tun?

Sie muss die IT so schnell es geht mit an Bord nehmen und miteinander die Technologie evaluieren, aufbauen und betreiben. Damit ist sichergestellt, dass die geltenden Sicherheitsstandards angewendet werden und dass die IT die Technologie nach Go-Live auch kostengünstig und mit hoher Verfügbarkeit betreiben kann. Das zu erwartende Spannungsfeld zwischen der eher monolithischen und erhaltenden IT und den agilen, explorier-freudigen R&D Mitarbeitern lässt sich sicherlich durch das gemeinsam zu erkundende Neue gut überbrücken.

Was kann die IT tun?

Die Herausforderung annehmen und ihr mit Offenheit und Erfahrung zu Mehrwert verhelfen. Die Gelegenheit nutzen, um die IT wieder auf den letzten Stand zu bringen und ihr Image aufzupolieren. Es besteht eine gute Chance, das alte Paradigma der internen IT des "Hausmeisters" wieder dahin zu bringen wo es meiner Meinung nach hingehört, und zwar die interne IT als "elementaren Bestandteil des Business" zu sehen.

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