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04. Mai 15

Schlanke Entscheidungsstrukturen als Teil der Merger-Fitness

Stephan A. Jansen und Klaus Körner haben schon vor bald 15 Jahren in umfangreichen Studien belegt, dass über die Hälfte aller Unternehmenszusammenschlüsse mittelfristig wirtschaftlich ein Verlustgeschäft sind. Viele Erfolgsfaktoren von Unternehmenszusammenschlüssen liegen in der Post-Merger-Phase und schlecht funktionierende Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen sind dabei ein häufiger Grund für den Misserfolg. Es scheint, dass weiterhin viele Unternehmenskäufer nicht bereit sind, sich frühzeitig und damit unabhängig vom konkreten Kaufprozess auf solche absehbare Herausforderungen einzustellen.

Beim Unternehmenskauf gerät die über Jahre gewachsene Struktur von Besprechungen und Gremien unter besonderen Druck. Dann wird deutlich, dass sich der Kreis Verantwortlicher schrittweise erweitert hat um zusätzliche Bereiche,  Experten, Stabsfunktionen. In der Folge wuchsen Regelmeetings zu unförmigen, letztlich kaum noch entscheidungs- und gestaltungsfähigen Gebilden heran, kompensiert höchstens durch informelle Wege und Orte der Entscheidung.

Im Alltag funktioniert es einigermaßen, aber zum drängenden Problem werden diese gewachsenen Strukturen bei Unternehmenskäufen. Da Mergerprozesse Zeiten abnehmender struktureller Sicherheit sind, wird die Orientierung an und durch Personen wichtiger. Dann gilt es noch mehr, bei möglichst vielen Meetings dabei zu sein, in denen heutige oder kommende Entscheider sitzen. Wer bisher dabei war, will weiter teilnehmen. Neue drängen dazu, um alle(s) kennenzulernen, Informationen frühzeitig zu erfahren und Einfluss zu nehmen. Das unstrukturierte Wachstum der Gremien geht weiter.

Da die Besprechungs- und Gremienstruktur nach einem Merger in der Regel vom Käufer dominiert wird, sehen wir in einer frühzeitigen Verschlankung bei ihm ein Gegenmittel, um den später absehbaren Zuwachs besser zu balancieren! Dazu werden die Gremienzusammensetzungen und die damit verbundenen Entscheidungswege analysiert, die Notwendigkeit einer Verschlankung wird thematisiert. Die allgemeine Ansage "wir haben zu viele Besprechungen“ trifft dabei auf viel Zustimmung – häufig allerdings nur solange nicht klar es, dass es einen selbst betrifft.

Angesichts eines Merger ist eine frühzeitige Verschlankung wichtig, damit noch vor der Entscheidung für ein konkretes Kaufobjekt die Eingrenzung der Beteiligten beginnt. Damit können Entscheidungen unabhängig von Personen des übernommenen Unternehmens argumentiert werden. Angelehnt an einen Dreischritt sorgt der Käufer dafür, dass in der Entscheidungsvorbereitung über alle relevanten Fragestellungen übergreifend informiert und die Einbindung gefördert wird. In der Entscheidungsfindung verengt er den Kreis der Beteiligten auf die strategisch verantwortliche Leitung sowie wenige Experten und direkt Umsetzungsverantwortliche, in Einzelfällen ergänzt durch kurze Schleifen mit Experten. In der Verankerungsphase werden wieder deutlich mehr aktuell und künftig Verantwortliche systematisch einbezogen.

In der Überlegung einfach und vertraut, ist die Umsetzung schwierig, weil die Verantwortlichen die Eingrenzung der Beteiligten oftmals für risikoreich halten. Manche "Ausgeladene“ reagieren in der Folge mit innerer Distanzierung und geringerer Bereitschaft zur mitverantwortlichen Zusammenarbeit. Es ist trotzdem sinnvoll, so vorzugehen, weil eine erfolgreiche Verschlankung der Gremienstrukturen zunächst nicht Zeitgewinn, sondern mehr Entscheidungsfähigkeit erreichen soll. Der Zeitaufwand für Kommunikation wird nicht reduziert, sondern verlagert. Das Vertrauen in die Qualität der Entscheidungen wird bei den "Ausgeladenen“ wachsen, wenn sie erleben, dass ihre Hinweise zuverlässig im Vorhinein beachtet und sie im Nachhinein schnell und umfassend eingebunden werden.

Steckt der Käufer erst einmal mitten in der turbulenten Situation eines Unternehmenskaufes, reduzieren sich seine Chancen auf die Entwicklung entscheidungsstärkerer Besprechungs- und Gremienstrukturen. Der Käufer ist deshalb zu vorausschauendem Handeln aufgefordert, da er mit dem Ziel erhöhter "Merger-Fitness“ die Erfolgschancen in der Phase nach dem Kauf erhöht.

Unsere Wahrnehmung ist naturgemäß von einzelnen Projekten geprägt. Was sind Ihre eigenen Erfahrungen mit dem Thema? Wir freuen uns auf Ihren Beitrag!

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