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04. Juni 15

Hoher Preis beim Unternehmenskauf? Ist doch logisch!

 

Im Rahmen der Expansionsstrategie eines größeren Energieunternehmens wurde in zähen Verhandlungen und einem begrenzten Bieterverfahren ein eher "politischer“ als ein wirtschaftlicher Preis vereinbart. Es sind alle recht zufrieden, das Management des gekauften Unternehmens sieht die eigenen Zukunftschancen mit dem neuen Partner verbessert, es herrscht Aufbruchsstimmung.

Diese Bewegung aufeinander zu erhält auf dem ersten Treffen mit beiden Managementkreisen einen erheblichen Dämpfer. In seiner Einstiegsrede vor 120 Managern rechnet der Vorstandsvorsitzende des Käufers vor, dass das gekaufte Unternehmen sehr schlechte Renditeerwartungen (bezogen auf den gezahlten Kaufpreis, was allerdings nicht ausgesprochen wird) hat und man sich nun "ganz besonders anstrengen muss“. Empörung beim Management des gekauften Unternehmens – nach ihren eigenen Bewertungen sind sie durchaus profitabel und erwirtschaften immerhin durchschnittliche Marktrenditen (natürlich bezogen auf die eigenen Bilanzkennzahlen).

Ein denkbar schlechter Einstieg in die Annährungsphase, durch den die Gefahr wächst, nicht nur einen hohen Kaufpreis sondern zusätzlich noch einen hohen sozialen Preis zu zahlen: Entwertung statt Wertschätzung. Die schlechte Stimmung hält in den nächsten Monaten an und erschwert die gesamte fachliche Annäherung. Das Management des gekauften Unternehmens fühlt sich abgewertet und für den gezahlten hohen Kaufpreis nicht verantwortlich. Das Management des Käufers hat das Bild des wirtschaftlichen schwachen Kaufobjekts schnell (und gern) übernommen und stellt sich entsprechend im Annäherungsprozess als überlegen auf. Viel Porzellan ist zerschlagen und muss mühsam in vielen Einzelverhandlungen gekittet werden. Zusätzlich macht der Markt aber weiterhin Druck. Schnell nach dem gewonnenen Bieterverfahren fühlt sich der Käufer nicht mehr auf der Poleposition, sondern hat das Gefühl, das Feld eher vom letzten Platz aufrollen zu müssen. Die Frage bleibt, warum der gemeinsame Start so schnell "vergeigt“ wurde und man viele Chancen dieses Unternehmenskaufes ein zweites Mal mühsam anbahnen muss.

Der hohe Kaufpreis ist regelmäßig eine Belastung für die Startphase des Annäherungsprozesses zwischen Käufer und gekauftem Unternehmen. In diesem ersten Management-Meeting wurde sofort ein zentrales Problem deutlich, das uns in der Begleitung von Unternehmenskäufen immer wieder beschäftigt: Der hohe Kaufpreis als Einstiegsbürde für das gekaufte Unternehmen.

Um einen möglichst hohen Kaufpreis und möglichst günstige Vertragsbedingungen  für den Verkauf des Unternehmens zu erzielen, wählen die Verkäufer immer häufiger Verfahren mit einer größeren Anzahl von potentiellen Bietern. Das Wettrennen erzeugt eine hohe Dynamik, die für den Verkäufer die Chancen auf einen hohen Kaufpreis erhöht.

Jeder Bieter gibt mit seinem Gebot eine eigene Einschätzung über den Wert des zum Verkauf stehenden Unternehmens ab. Analysiert man die Angebote, so stellt sich oft eine recht große Bandbreite heraus, wie Sie schematisch in der Abbildung dargestellt ist. Würde man diese Angebote als Bewertungen verstehen und statistisch auswerten, so läge der wahrscheinliche Wert irgendwo in der Mitte der Angebote. Verkauft wird aber nun mal zum höchsten Gebot! Der Kaufpreis ist damit immer hoch – manchmal eine zu hohe Anfangshürde für den Unternehmenserfolg.

 

Die erfolgreiche Umsetzung einer Unternehmensintegration, sei es eine lose Einbindung in einen Konzern oder eine Verschmelzung, braucht seine Zeit, dauert oft Jahre. Gerade in der Anfangsphase gibt es viele offene Fragen, Unsicherheiten und Ängste. Nur wenn diese besprechbar gemacht werden, können sie auch bearbeitet werden. Dies kann ein vertrauensbildender Prozess werden, der Motivation, Optimismus und Kreativität stärkt. Alles Haltungen, die für den anstehenden gemeinsamen Weg notwendig sind, so er denn am Ende erfolgreich sein soll.

Zunächst gilt es, gemeinsam ein Bild der Zukunft und einen Weg dorthin zu erarbeiten. Mit der Äußerung von Renditeerwartungen auf der Basis eines hohen Kaufpreises sollte sich der Käufer unbedingt zurückhalten. Er wird gefordert sein, seine Renditeerwartungen über einen längeren Zeitraum zu betrachten. Damit investiert der Käufer in das "soziale Kapital“ des Annäherungsprozesses, dessen Rendite eher mittelfristig zu Buche schlägt. Dieser Abwägungsprozess gehört zu den größeren Herausforderungen des Käufers: den kurzfristigen Renditeerwartungen der Anteilseigner eine mittelfristige Perspektive entgegenzusetzen. Und diese auch zu kommunizieren. Dann gilt gegenüber dem gekauften Unternehmen: Der Kaufpreis war hoch, aber ihr seid es uns wert!

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