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15. Dezember 20

Haltegriffe in turbulenten Zeiten

Das CReDiT-Modell gibt Orientierung in der Digitalen Transformation

Wie können Organisationen in wenig vorhersehbaren Welten erfolgreich bleiben und rechtzeitig auf Marktchancen und disruptive Gefahren reagieren? Wie können sie in dynamischen Umwelten responsiver werden? Und warum sind die Reaktionen auf die Auswirkungen der Digitalen Transformation oft so emotional?

Die Herausforderungen unserer Kund*innen sind uns immer Antrieb und Inspiration, um für den anspruchsvollen Führungsalltag hilfreiche Modelle, übersichtliche Landkarten oder wirksame Tools zu entwickeln.

Angeregt durch die eingangs genannten Fragestellungen bei vielen unserer Kund*innen und durch die vertiefte Befassung mit den Dynamiken der Digitalen Transformation haben wir ein eigenes Modell entwickelt. Es zeigt sehr praxistauglich die emotionale Seite der Digitalen Transformation einerseits und die Orchestrierungsnotwendigkeit einer ambidextren Organisation andererseits. Unser Modell gibt Überblick über die verschiedenen beobachtbaren Stufen der emotionalen Verfasstheit von Menschen in der Digitalen Transformation, zeigt den entsprechenden Entwicklungsbedarf und bietet Anregungen für hilfreiche manageriale Maßnahmen.

Auf Basis unserer Beobachtungen in zahlreichen Praxisprojekten haben wir Reaktionsmuster beschrieben und mit Hypothesen zu individuellen und organisationalen Dynamiken ergänzt. Dieses Konzept haben wir mit mehreren bewährten Modellen, die sich mit Wahrnehmungsmustern von Menschen in Veränderungen befassen, überprüft, angereichert und um Empfehlungen für Interventionen erweitert.

Mit dem CReDiT-Modell (CReDiT steht für Creating Responsiveness for the Digital Transformation) bieten wir einen breiten perspektivischen Blick auf typische emotionale Reaktionen und entsprechende Führungsinterventionen. Das Modell ist als Phasenmodell konzipiert. Es beschreibt schrittweise Beobachtungsraster und nützliche Interventionen – so können Führungskräfte die Responsivität schrittweise erhöhen. Eine ausführliche Beschreibung des Modells findet sich hier: C. Müller und N. Haas: Augen auf und durch

Wir haben bereits intensiv mit dem CReDiT-Modell in unserer Beratungsprojekten mit Führungskräften gearbeitet. Unsere Kund*innen beschrieben dieses Modell an 3 Stellen als besonders hilfreich:

Kompetenter Umgang mit der „human side of digital transformation“:

Das Modell bietet konkrete Orientierung für Führungskräfte und Schlüsselspieler, die emotionalen Reaktionen auf die Auswirkungen der gesamtgesellschaftlichen Veränderung zu beobachten und mit zieldienlichen Interventionen zu begleiten. Sei es, um mit Wake-up-Calls, jene wachzurütteln, die die Relevanz der Digitalen Transformation verleugnen oder um bei der potenziell gefährlichen Polarisierung zwischen „digitalen Vorwärtsstürmern“ und "Apokalypse-Verkündern" innerhalb der Organisation zu vermitteln.
Diese Beobachtungsraster und Interventionen betreffen die ersten drei Phasen des Modells und sind meist für Kund*innen unserer Kund*innen oder für Mitarbeiter*innen hilfreich. So entwickelten 2019 die Sparkassenakademie und die Agentur CREATE.21stcentury aus dem CReDiT-Modell ein 30minütiges WebBasedTraining für alle Mitarbeiter*innen mit dem Titel "Digitalisierung – ein emotionales Thema?": In diesem WBT setzten sich die Lernenden mit verschiedenen (virtuellen) Kollegen auseinander, die bestimmte (emotionale) Einstellungen zum Thema Digitalisierung zeigten. Diese „Personas“ entsprachen den ersten 4 Phasen des CReDiT-Modells. In virtuellen Dialogen mussten die Lernenden mit den „Kolleg*innen“ argumentieren und bekamen als Hintergrundmaterial relevante Research-Materialien und Video-Statements von Vorständen als Argumentationshilfe. So wurden die Lernenden dazu gebracht, über die eigene Emotion zu den Wirkungen der Digitalen Transformation zu reflektieren. Durch das zur Verfügung stehende Material wurden sie zudem herausgefordert und dabei unterstützt, sich entsprechend des CReDiT osb Modells zu entwickeln.

Führungskräfte und das Führungssystem ins Blickfeld nehmen:

Als zweiter nützlicher Haltegriff wurde der Blick auf die drei weiteren Phasen - Verstehen, Handeln und Orchestrieren - genannt, um die Relevanz von gemeinsamer Steuerung im Führungssystem zu reflektieren. In diesen Phasen geht es darum, sich nach den ersten Erkenntnissen nicht zu schnell selbst zu beruhigen („Wir sind eh gut unterwegs“), sondern vertieft zu verstehen, welche Umfeldfaktoren (aus dem Markt, den Technologien, potentiellen Disruptoren) im Blickfeld behalten werden müssen, wie gute Experimente und digitale Projekte gestartet werden können und wie diese in der Gesamtorganisation orchestriert werden sollten. Hier zeigen sich die Widersprüche von Ambidexterity und die daraus resultierenden Herausforderungen besonders deutlich: gleichzeitiges Balancieren von Exploit und Explore-Aktivitäten, kontinuierliches Lernen und konstruktive Fehlerkultur.

Als Führungsteam eine gemeinsame Sprache und Landkarte zu nutzen:

In der dritten, praktischen Dimension wurde ein Blick auf das gesamte Modell als gemeinsame Landkarte im Führungssystem beschrieben. In zwei Unternehmen der Finanzdienstleistungsbranche kam das Modell flächendeckend auf den ersten drei Führungsebenen zur Anwendung. Das erwies sich als besonders hilfreich, da so ein gemeinsames Verständnis und eine einheitliche Sprache entstanden, um gemeinsam im Umgang mit der digitalen Transformation relevante Stellhebel für die Steuerung und Gestaltung der Organisation entwickeln zu können.

Mehr dazu:

Müller C., Haas N. (2019): Augen auf und durch - Wie Führungskräfte mit dem CReDiT-Modell eine tragfähige Basis für die Digitale Transformation schaffen. Zeitschrift OrganisationsEntwicklung (4), S. 72–78

Müller C., Haas N. (2020): Wie Führung die Reaktionsfähigkeit auf die digitale Transformation entwickeln kann - Creating Responsiveness for the Digital Transformation — das CReDiT-Modell, in: Geramanis, O. & Hutmacher, S. Der Mensch in der Selbstorganisation. Kooperationskonzepte für eine dynamische Arbeitswelt. Springer Gabler

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