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15. März 16

Es ist gelungen!

Bewährte Schritte bei der Begleitung des Generationenwechsels

Wenn wir Familienunternehmen im Generationenwechsel begleiten, so erfolgt das meist in mehreren Phasen. Die Reihenfolge, der Umfang sowie die Zahl der Phasen sind je nach Projekt unterschiedlich, sie werden im Zuge des Projektes definiert:

Phase 1: Standortbestimmung:

Zu Beginn unserer Beratungsarbeit analysieren wir, wo das Unternehmen strategisch steht, wie seine innere Verfasstheit ist und wie sich die Situation in der Familie und im Eigentümerkreis darstellt. In vielen Fällen nutzen wir die Organisationsdiagnose als das am besten geeignete Instrument, um Antworten auf folgende Fragen zu finden:

  • Was sind die wesentlichen Stärken und Kernkompetenzen des Unternehmens?
  • Worin bestehen die strategischen Herausforderungen, um gut in die Zukunft zu kommen?
  • Wie ging das Unternehmen bisher mit Veränderung am Markt um, wie steht es um die Veränderungsfähigkeit?
  • Wie wird im Unternehmen "Führung" gelebt, welche prägenden Muster sind beobachtbar?
  • Wie stellt sich die Stimmung im Unternehmen dar und wie schätzen Mitarbeiter und Führungskräfte die Zukunft ein?
  • Wie passend ist das aktuelle Organisationsdesign, wie antwortfähig ist die Organisation auf zukünftige Herausforderungen?
  • Wie ist die Motivlage bei den Führungskräften und in der Unternehmerfamilie?
  • Wie zukunftsfähig ist das aktuelle Geschäftsmodell?
  • Welche Optionen sollten weiter geprüft werden: familieninterne Nachfolge, Nachfolge mit externen Führungskräften, (teilweiser) Verkauf, Beteiligungen, …?
  • Was sind Entwicklungsfelder und die konkreten nächsten Schritte?

Diese und weitere spezifische Fragestellungen werden z.B. in Form von Interviews erfasst und von uns ausgewertet. Der Auftraggeber erhält darauf aufbauend einen Ergebnisbericht mit der Analyse und konkreten Anregungen für weitere Schritte. Dieser Ergebnisbericht bildet die Basis, um Schwerpunkte im Gesamtprojekt zu setzen und das gesamte Vorhaben zu planen.

Phase 2: Nachfolger suchen und auswählen

Die Kernfrage lautet: Wer soll das Unternehmen in die Zukunft führen? Dazu ist es notwendig, die Anforderungen an die zu besetzenden Stellen zu erheben und die Optionen für die Nachfolge zu konkretisieren: Beschränkt sich der Kandidatenkreis für die Nachfolge auf Familienmitglieder oder kommen auch externe Bewerber in Frage? Wird lediglich darüber entschieden, welches der Kinder die Nachfolge antreten soll oder ist auch eine gemischte familieninterne und externe Führung des Unternehmens vorstellbar?

In dieser Phase ist es wichtig, die Zahl der Optionen zu erweitern und potenzielle Nachfolger zu identifizieren. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist, die Anforderungen an die zu besetzenden Stellen zu verstehen und die Passung mit den Kompetenzen der potenziellen Nachfolger zu überprüfen. Der Prozess der Personalauswahl nach Kompetenzkriterien ist für Familienunternehmen oftmals ungewohnt. Führungskräfte wurden in der Vergangenheit vielfach nach dem Gespür des Seniors ausgewählt. Doch wir wissen, dass der Preis für Fehlbesetzungen sehr hoch sein kann.

Phase 3: Das neue Führungssystem etablieren

Die Nachfolge in der Führung ist immer ein dynamischer Prozess. Bewährte Muster der Führung kommen mit dem Führungsverständnis der nachfolgenden Generation in Kontakt und immer wieder auch in Konflikt. Doch in Familienunternehmen ist diese Dynamik speziell:

  • Führung war bisher Monopol der Senioren - insbesondere dann, wenn der Eigentümer auch oberste Führungskraft war.
  • Führung war oftmals kein explizites Thema in der Organisation und das Verständnis von Führung wurde bisher offiziell nicht hinterfragt.
  • Die Qualität der kurzen Entscheidungswege und der schnellen Reaktionszeiten wurde immer als Wettbewerbsvorteil verstanden.
  • Wenn Nachfolger die Führungsverantwortung im Unternehmen auf die nächsten Ebenen übertragen möchten, so wird das häufig als Zögerlichkeit und Führungsschwäche im Vergleich zum Gründer interpretiert.
  • Gerade bei familieninternen Übergaben liegt im Wandel hin zu einem neuen Führungsstil sehr viel Konfliktpotenzial, das die Übergabe sogar gefährden kann.
  • Erschwerend kommt hinzu, dass die Kommunikation zwischen den Generationen vielschichtig ist. Zumeist ist unklar, wo als Familie gesprochen wird (z.B. Vater zu Sohn) und wo Kommunikation zwischen Mitgliedern des Unternehmens erfolgt (z.B. als Mitglieder des Vorstandes). Väterlich gemeinte Ratschläge werden dann im Selbstverständnis als Vorstandsmitglied nicht so gerne gehört.

Es ist sinnvoll, diese oftmals unbewussten Annahmen über Führung im geschützten Raum, abseits des Organisationsalltages auszutauschen und zu verhandeln: Welche Erwartungen haben wir aneinander? Wie gehen wir mit den Unterschieden um? Welche Spielregeln möchten wir uns hierfür geben? Bleiben diese Themen unbearbeitet, so besteht das Risiko, dass die Unterschiede im Organisationsalltag spürbar werden und im schlimmsten Falle sogar (halb-)öffentlich wechselseitig abgewertet werden. Es geht also darum, dieses Destruktionspotenzial schon in frühen Phasen zu vermeiden.

Bewährt hat sich auch, im Zuge von regelmäßigen Übergabecoachings die zwischen den Generationen auftauchenden Themen zu klären, bevor sie sich zu dauerhaften Konflikte verhärten und ihre destruktive Kraft entfalten.

Phase 4: die Corporate und Family-Governance adaptieren

Aus unserer langjährigen Beratung von Familienunternehmen wissen wir, dass es entscheidend für den reibungslosen Generationenwechsels ist, die Zielsetzungen der Familie zu klären, Strukturen und Spielregeln für die zielgerichtete Einflussnahme herzustellen und den lebendigen Zusammenhalt in der Familie zu sichern. Wesentliche Elemente der Corporate Governance sind oftmals Inhalt der bestehenden Gesellschafter- oder Syndikatsverträge. Die Family Governance ist in vielen Fällen nur implizit vorhanden.

Wichtigste Erfolgsdeterminante für die Wirksamkeit der Corporate und der Family-Governance - darin sind sich Wissenschaft und Praxis im Wesentlichen einig - ist ihr Entstehungsprozess. Es kommt darauf an, die bestehenden Kommunikationsformen, Strukturen und Spielregeln sowie die Bedürfnisse der Familie zu berücksichtigen, auf ihre Zukunftsfähigkeit zu überprüfen und so anzupassen, dass das vitale Wechselspiel zwischen Eigentümern, Unternehmen und Familie auch in der nächsten Generation gesichert ist.

Phase 5: Strategie & Organisation überprüfen und anpassen

Ist der Nachfolger bestellt und sind die wesentlichen Fragen des Generationenwechsels geklärt, so hat sich die Überprüfung der strategischen Positionierung des Unternehmens, gemeinsam mit dem zukünftigen Führungsteam, bewährt. Die Diskussion über die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens ermöglicht dem Führungsteam einen Abgleich der Annahmen über externe Entwicklungen und damit verbunden über Chancen und Bedrohungen für das Unternehmen. Der gemeinsame kritische Blick auf Stärken und Schwächen fokussiert die Energie, die (teilweise schon längere Zeit) anstehenden Themen anzugehen und das Unternehmen weiter zu entwickeln.

Kritisch in diesen Prozessen erleben wir immer wieder, dass die übergebende Generation die Themen der Verbesserung und Erneuerung gleichzeitig als Kritik am eigenen Tun interpretiert. Eine kluge Prozessarchitektur kann vermeiden, in die Fallen der ungelösten Konflikte zwischen den Generationen zu stolpern.

Aufbauend auf den neuen strategischen Festlegungen kann die Organisation mit ihren Strukturen, Prozessen und Kommunikationsarchitekturen auf den Prüfstand gestellt werden. Wenn die beschriebenen Aufgaben sorgfältig bearbeitet wurden, so ist dieser abschließende Schritt zumeist relativ einfach, da ein mittlerweile gut arbeitsfähiges Führungsteam die Anforderungen und die Ausprägungen der zukünftigen Organisation zügig entwerfen kann. Der danach anstehende Umbauprozess im Unternehmen stellt das neue Führungsteam auf die Probe, er sollte die tragfähige Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit im Führungsteam bilden.

Ist all dies gelungen, so kann man wirklich von einer gelungenen Übergabe sprechen!

Für weiterführende Fragen steht Ihnen Alexander Schmidt gerne zur Verfügung.

Zur Vertiefung:

  • Rudolf Wimmer, Annette Gebauer: Die Nachfolge in Familienunternehmen, in: zfo Zeitschrift für Führung und Organisation, Heft 5, 2004 S. 244-252
  • Alexander Schmidt: Nachfolge ohne Nachfolger, in: EQUA Schriftenreihe, Einflussfaktoren auf die Nachfolge in Familienunternehmen, Heft 15, 2014, S. 24-31
  • Ernst Domayer: Personalauswahl (Nachfolgerauswahl) in Familienunternehmen, in: EQUA Schriftenreihe, Heft 15, 2014, Einflussfaktoren auf die Nachfolge in Familienunternehmen, S. 53-61
  • Rudolf Wimmer: Wie familiär sind Familienunternehmen, in: Olaf Geramanis/Kristina Hermann (Hrsg.): Organisation und Intimität. Der Umgang mit Nähe im organisationalen Alltag - zwischen Vertrauensbildung und Manipulation. S. 25-40, Heidelberg 2014, Carl-Auer-Systeme Verlag
  • Alexander Schmidt: Wie professionelle Einflussnahme von Gesellschaftern ohne aktive Funktion im Unternehmen gelingen kann, in: Familienunternehmen und Stiftungen (FuS), Heft 4, 2015, S. 133-137
  • Alexander Schmidt: Neue Formen der Strategieentwicklung in Familienunternehmen etablieren, in: Familienunternehmen und Stiftungen (FuS), Heft 6/2014, S. 214-219

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    Univ. Prof. Dr. Rudolf Wimmer

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