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23. Januar 14

Die Renaissance von Visionen: Vision, Mission und Strategie

„Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“. Dieses Helmut Schmidt zugeschriebene Zitat (1) unterschreiben heute immer weniger Führungskräfte. Im Gegenteil, die Arbeit an Vision, Mission und Leitbildern erlebt gerade eine Renaissance.

Organisationen sind jene Orte in der Gesellschaft, die sich ihre Ziele selbst setzen können. Wer ein Unternehmen gründet oder neu ausrichtet, ist prinzipiell frei darin, welche Produkte, welchen „Output“ er herstellen möchte. Der „Zweck“ einer Organisation ist wählbar. In Zeiten von Shareholder Value wurde diese Freiheit mit einer Einschränkung versehen: Umorientierungen oder auch nur Portfolioveränderungen waren nur statthaft, wenn sie die Rendite auf das eingesetzte Kapital kurzfristig erhöhten. Die Finanzkrise ebenso wie die in den letzten Jahren beobachtbare Wertekrise (Stichwörter im deutschsprachigen Raum: Siemens,  Deutsche Bank, etc.) haben auch im  Topmanagement ein Umdenken bewirkt. Dass der Zweck, der Sinn, das „Why“ des Unternehmens anders gesetzt werden muss, als nur die Mehrung des Shareholder Value, hat sich mittlerweile als Sichtweise durchgesetzt.

Bei der Arbeit an der Vision eines Unternehmens oder Unternehmensbereichs tauchen dann schnell grundsätzliche Fragen auf: Was ist eine Vision? Was eine Mission? Gibt es einen Unterschied? Wenn ja, welchen? Was ist (dann) eine Strategie? (2)

Generell gilt: Es gibt keine allgemein autorisierte Definition dieser Begriffe. In der universitären Lehre, in der Literatur ebenso wie in der Praxis von Managern gibt es unzählige Definitionsvarianten. Während für die einen die Vision über allem steht, die Mission darunter „irgendwie konkreter“ den Weg beschreibt, ist es für andere genau umgekehrt. Einige operieren dann gleich mit der Überschrift „Vision/Mission Statement“. Die Diskussion brandet auf, ob die Aussagen nur intern oder auch nach extern verwendbar sein müssen, die Vision als „Slogan“ einer Werbelinie. Es ist endlos.

Ich habe mir angewöhnt, langen Definitionsdiskussionen aus dem Weg zu gehen. In der Praxis versuche ich nur - das allerdings mit viel Verve – gemeinsam mit dem Kunden für jede Kategorie von Selbstbeschreibung eine klare und eindeutige Frage festzulegen. Beispielsweise:

  • Was ist der Zweck unserer Organisation? Welchen Nutzen / Unterschied machen wir für die Welt?

  • Wer oder wie wollen wir in xxx Jahren sein? Was zeichnet uns aus? Was ist unsere zukünftige Identität (und wie beschreiben wir diese)?

  • Was packen wir an, um diese Ziele zu erreichen? Was sind die (wenigen) großen Themen, die wir in den nächsten Jahren weitertreiben werden?

  • Was ist uns bei unserer Arbeit wichtig? Welche Werte sollen unseren Handlungen und Entscheidungen zu Grunde liegen?  

Wenn dann für jedes Element des Zukunftsbilds - ob es nun Vision, Mission, Leitbild, oder Slogan, Purpose, etc. genannt wird -  eine klare Frage vereinbart ist, geht auch das Formulieren der Inhalte zügig. Und die Inhalte bleiben nicht, weil bunt gemischt, beliebig, sondern werden kraftvoll und geben Richtung.

Machen Sie den Test bei den Elementen des Zukunftsbildes Ihrer Organisation: Können Sie die Frage hinter den Aussagen klar erkennen?

(1) Helmut Schmidt  selbst bezeichnet diese Aussage als eine „pampige Antwort auf eine dusselige Frage“, nämlich, wie „groß“ seine Vision sei. Siehe Helmut Schmidt).

(2) Siehe hier auch den Blogbeitrag meiner Kollegin Tania Lieckweg.

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